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Zeitgeschichte

Zeitgeschichte meint die geschichtswissenschaftlich begründete Reflexion über die Vorgeschichte der Gegenwart. Sie trägt dazu bei, heutige Problemkonstellationen, Strukturen und Denkmodelle in historischer Perspektive zu begreifen. Die Zeitgeschichte fragt deshalb nach Kontinuitäten, aber es geht ihr auch um Diskontinuitäten und der eigenen Gegenwart nicht vordergründig sichtbare Entwicklungen und Repräsentationen des gerade Vergangenen als Teil der historischen Sinnbildung.

Der Blick fällt dabei in zunehmendem Maße auf die jüngste Vergangenheit seit den 1970er Jahren. Diese unmittelbare Zeitgeschichte ist in historisch weiter gefasste Zeithorizonte einzubetten: die Nachkriegsrekonstruktion und den gesellschaftlichen Wandel seit 1945, die Instabilität und extreme Gewalt seit dem Ersten Weltkrieg und in der Zeit des Nationalsozialismus sowie die Pluralisierung von Lebensentwürfen im 20. Jahrhundert und die Verflechtungen der europäischen Geschichte mit den Entkolonialisierungsprozessen.

Angesichts ihrer ungebrochen hohen Bedeutung für die öffentliche Selbstvergewisserung bildet die deutsche Geschichte einen wichtigen Pfeiler der Zeitgeschichte in Köln. Gleichzeitig lassen sich zahlreiche historisch folgenreiche Prozesse nicht in einem nationalstaatlich abgeschlossenen Rahmen verstehen. Die deutsche Geschichte des 20. Jahrhunderts ist daher in ihren vielfältigen europäischen, transnationalen und globalen Bezügen zu betrachten. Hieraus ergeben sich vielfältige Anschlüsse an die europäische Zeitgeschichte und die Geschichte der Entkolonialisierung.

Thematisch geht es vor allem um zentrale Triebkräfte, Bedingungsgefüge, Aushandlungen und Wandlungsprozesse in und zwischen den Bereichen Politik, Gesellschaft, Kultur und Medien sowie Wissenschaft und intellectual history. Dabei werden auch die methodischen Besonderheiten der Zeitgeschichtsschreibung in die Reflexion einbezogen. Zeitgeschichte ist immer unabgeschlossen und muss sich mit Erfahrungen und Selbstbeobachtungen der Zeitgenossinnen und Zeitgenossen auseinandersetzen. Zudem verfügt sie über einen immensen Quellenfundus, der für diese Epoche charakteristische Forschungsfelder eröffnet.

Der Schwerpunkt „Zeitgeschichte“ wird in der Abteilung durch mehrere Forschungsprofile abgebildet:

  • Geschichte politischer und sozialer Dynamiken von Massengewalt, Holocaust und Genoziden im 20. Jahrhundert sowie deren mediale Repräsentation, kulturelle Erinnerung und politischer Gebrauch, insbesondere zum Nationalsozialismus und seinen Folgen (Knoch);
  • Deutsche Geschichte in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, die sowohl die Geschichte von Herrschaft und Gesellschaft in der SED-Diktatur als auch Prozesse politischen, sozialen und kulturellen Wandels in der Bundesrepublik sowie deren Verflechtungen umfasst (Kramer);
  • Geschichte der Sozialpolitik nach 1945 im europäischen Vergleich und im globalen Kontext, postkoloniale Verflechtungen der europäischen Nachkriegsgeschichte, die auch Entkolonialisierungsprozesse in Afrika einbeziehen (Lindner).
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