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Konkurrenzkulturen

Soziale Praxis, Wahrnehmung und Institutionalisierung von Wettbewerb in historischer Perspektive

Forschungsverbund

Fast alle Gesellschaften sind Konkurrenzgesellschaften. Wettbewerb dient als allgegenwärtiger Handlungsmodus zur legitimen Verteilung knapper materieller und symbolischer Ressourcen und zur Legitimation von wirtschaftlicher, sozialer und politischer Ungleichheit. Als primärer Ort der Konkurrenz gelten Märkte. Man spricht aber auch von „Wettbewerbsdemokratien“ und von der internationalen „Konkurrenz der Mächte“, von konkurrierenden wissenschaftlichen Theorien und vom medialen Aufmerksamkeitswettbewerb.

Gerade die Erfahrungen der Gegenwart regen dazu an, das Prinzip der Konkurrenz als soziale Praxis zum Gegenstand historischer Forschung zu machen. Anhand ausgewählter Beispiele aus verschiedenen Epochen untersucht der Forschungsverbund jene historisch spezifischen Formen, in denen Konkurrenz als legitim erachtet, praktiziert und institutionalisiert wurde. Dabei interessieren besonders die inhärente Dynamik der Konkurrenz und die Übergänge zwischen verschiedenen Wettbewerbsordnungen. Konkurrenz, so die Ausgangsüberlegung, führt nicht zu anhaltend stabilen Zuständen. Die dynamischen Beziehungen zwischen ihren jeweiligen Institutionalisierungsformen und der Konkurrenz als sozialer Praxis sowie zwischen den integrierenden und desintegrierenden Potentialen des Wettbewerbs stellen einmal etablierte Arrangements immer wieder in Frage.

Anhand eingegrenzter, exemplarischer Untersuchungsgegenstände fragen die Teilprojekte des Forschungsverbunds nach der inneren Spannung institutionalisierter Konkurrenzkulturen und verfolgen den Entstehungsprozess neuer Wettbewerbsregeln und -praktiken. Die Leitfrage nach der sozialen Praxis, der Wahrnehmung und der Institutionalisierung von Konkurrenzkulturen in historischer Perspektive eröffnet ein in inhaltlicher, methodischer und (inter-)disziplinärer Hinsicht vielfach anschlussfähiges Forschungsfeld, das sich sowohl für komparative Fragestellungen als auch für historische Längsschnittuntersuchungen anbietet.

Einzelprojekte

  • Verlierer in der „Konkurrenz unter Anwesenden“. Agonalität in der politischen Kultur der römischen Republik
    (Leitung: Prof. Dr. Karl-Joachim Hölkeskamp)
  • Die Entdeckung der eigenen Leistung. Deutschland um 1900 in transnationaler Perspektive
    (Leitung: Dr. Nina Verheyen)
  • Wettbewerb zwischen Universitäten im 19. und 20. Jahrhundert in Deutschland
    (Leitung: Prof. Dr. Margit Szöllösi-Janze, LMU München)
  • Entfesselung der Konkurrenz? Die „Politik der Entstaatlichung“ in der Bundesrepublik Deutschland von den 1950er bis zu den 1980er Jahren
    (Leitung: Prof. Dr. Hans-Peter Ullmann)
  • Die Konkurrenz um Auslegung und Ausgestaltung der Menschenrechte von den 1960er bis zu den 1990er Jahren
    (Leitung: Prof. Dr. Jost Dülffer)
  • Konkurrenz als Beruf. Zur Sozial- und Kulturgeschichte des Managements in der Bundesrepublik nach dem Boom
    (Leitung: Prof. Dr. Ralph Jessen)
  • Der singende 'deutsche Mann' im Wettbewerb – Konkurrenzdenken und Leistungsorientierung bei Preissingen in Deutschland zwischen 1841 und 1914
    (Leitung: Prof. Dr. Hans-Peter Ullmann)