zum Inhalt springen

 

Transformation

Die Herausbildung des modernen Europa in der Neuzeit trieb eine Reihe komplexer Transformationsprozesse voran, welche  die europäische Staatenwelt und die mit ihr verflochtenen außereuropäischen Gesellschaften grundlegend veränderten. Dazu gehörten außer dem Ende der Feudalherrschaft und der Durchsetzung des Kapitalismus mehrere Basisprozesse, die das Leben in der Moderne prägten: Industrialisierung und Urbanisierung, demographischer Wandel, Rationalisierung, Verwissenschaftlichung und Bürokratisierung, Migration und Staatsbildung, koloniale Ausbeutung und imperiale Herrschaft, aber auch Konflikte um soziale und politische Partizipation oder eine Neuordnung der Geschlechterverhältnisse. Im Mittelpunkt des Interesses stehen das Verhältnis von Kontinuität und Wandel sowie die Analyse komplexer Veränderungsprozesse. Dabei soll es, im Unterschied zu älteren Modernisierungstheorien, nicht um Richtung und Ziel oder eine Bewertung des Strukturwandels gehen.

Transformationskonzepte wie die „Sattelzeit“ um 1800, die „lange Jahrhundertwende“ um 1900 oder die „Wende“ von 1989/90 sind von grundlegender Bedeutung für das Verständnis der Neueren Geschichte und ihrer Deutungen. In ihnen verdichten sich sowohl Phänomene als auch Wahrnehmungen von historischem Wandel. Strukturen, Ordnungen und Erfahrungen ändern sich in solchen Phasen ebenso wie die Selbstdeutungen der Gesellschaft und das Bewusstsein historischer Zeit. Zugleich handelt es sich um nachträglich verfestigte oder entwickelte historiographische Konzepte, welche helfen, die Vergangenheit zu strukturieren.

Während in der Regel nur einzelne Transformationsphasen je für sich betrachtet werden, zielt das Kölner Schwerpunktprogramm darauf ab, in Forschung und Lehre eine zeit- wie raumübergreifende Perspektive auf Zeiten beschleunigten historischen Wandels zu gewinnen. Durch den Vergleich über Epochen- und Regionengrenzen entsteht ein konzeptioneller Rahmen, der sowohl die Veränderungsprozesse selbst als auch die Etablierung zugehöriger Deutungsfiguren als Bestandteil eines neuzeitlichen Geschichtsverständnisses umfasst.

Der Schwerpunkt „Transformationen“ wird in der Abteilung durch mehrere Forschungsprofile abgebildet:

  • Sattelzeit als Gesellschaftstransformation: Das Modell der Gesellschaftstransformation beschreibt die Umbrüche um 1800 jenseits der Dichotomie von Revolution und Reaktion als komplexes Geflecht von allmählichen Veränderungen, revolutionären Episoden, adaptiven Situationen und erneuten Aufbrüchen, die sich in Wechselbeziehung von europäischer und außereuropäischer Welt vollzogen (Planert)